Versenken Sie Schiffe – von Ralf Ruhl

Mit Spielen lernen

Nein, mein Mathelehrer war nicht erfreut, als er mich mit dem Kästchenblatt unter dem Tisch erwischte. „Lieber Schiffe versenken als Geometrie?“, fragte er resigniert und schüttelte den Kopf. Dabei hätte er jubeln sollen! Denn schließlich beschäftigte ich mich freiwillig mit dem Lokalisieren kleiner Kästen innerhalb des Koordinatensystems – eine Grundvoraussetzung für das Auffinden geometrischer Körper im Raum. Wir sollten ja nicht nur für die Schule, sondern für das Leben lernen. Und immerhin, auf Stadtplänen finde ich mich ganz gut zurecht.

Ich war weder in Mathe noch in Erdkunde gut. Doch durch das Spielen ist mir einiges im Gedächtnis geblieben: Als mein Sohn neulich herausfinden sollte, wie die Hauptstadt von Madagaskar heißt, konnte ich ihm helfen, auf dem Globus Afrikas größte Insel zu entdecken. Späte Nachwirkungen vieler Nachmittage, an denen ich mit meinen Eltern „Weltreise“ gespielt habe.

Spielend lernen: Die intrinsische Motivation der Kinder – der innere Antrieb und das natürliche Interesse – wird durch ein gutes Spiel unterstützt.

Die Welt entdecken und erklären

Kinder sind geborene Weltentdecker. Neugier ist ihr innerer Antrieb, die – wie Pädagogen es nennen – intrinsische Motivation. Selbstvergessen beobachten sie stundenlang Regenwürmer, die auf der feuchten Erde kriechen, zählen sie und erkennen Unterschiede in Länge und Geschwindigkeit. In Kindergarten und Schule lassen sich daran wunderbare Projekte knüpfen. Und sicher kommen Fragen nach anderen Tieren, die bei uns in Wald und Wiese leben. Dieses Interesse lässt sich mit einem guten Spiel unterstützen. Der wesentliche Unterschied zum schulischen Arbeitsblatt: Der Anstoß kommt von den Kindern selbst, ihre innere Motivation bleibt erhalten.

Und nicht nur das: Spiele lassen sich beliebig oft wiederholen. Das ist wichtig, denn Lernen beruht nach Forschungsergebnissen der Neurobiologie auf dem Erkennen von Mustern. Etwa 100 Milliarden Nervenzellen (Neuronen) hat unser Gehirn. Aber diese riesige Masse allein macht nicht schlau, sondern die Verbindungen zwischen den einzelnen Zellen. Jeder Sinneseindruck, jede Information schafft beim Kleinkind neue Verbindungen, sogenannte Synapsen. Aus diesem recht ungeordneten Haufen bilden sich dann breitere oder schmalere Verkehrswege heraus, je nachdem, wie oft sie genutzt werden. Also: Wiederholung macht kompetent!

Man kann nicht zu viel loben!

Pädagogen nennen das „Selbstwirksamkeit“. Das stolze Gesicht, mit dem Basteleien aus dem Kindergarten präsentiert werden, oder die geschwellte Brust, mit der vom gelungenen Torschuss berichtet wird, sagen deutlich: Schau mal, was ich kann! Wenn Ihrem Kind also bei „Scrabble“ ein Wort gelingt, loben Sie eifrig! Denn elterliches Lob ist der beste Preis, den man gewinnen kann. Womit wir beim nächsten wichtigen Punkt sind: Kommunikation. Hat Ihr Kind beim Mathe-Legespiel „Loopit“ eine tolle Kombination geschafft, fragen Sie, wie es darauf gekommen ist. Dadurch wird ihm sein Rechenweg bewusster, es übt sich im Erklären. Und Sie erfahren eine ganze Menge darüber, wie Ihr Kind denkt. Versenken Sie Schiffe!

Elterliches Lob ist der beste Preis, den man gewinnen kann.

Ralf Ruhl

Fazit: Geht man motiviert an die Sache, hat man Erfolg, ist es mit positiven Emotionen verbunden und spricht man darüber – dann geht das Lernen spielend!